Herbst 2015

So richtig hatte ich bis zuletzt keine rechte Lust, ein eigentlich eingemottetes Ritual wieder aufzunehmen, das da einmal im Jahr eine Lone-Rider-Motorradtour war. Das letzte Mal war es 2009 oder 2010, als ich, damals noch mit meiner BMW R850R, Baujahr 2000, in den Alpen in Gewittergüssen und Hagelstürmen abgesoffen bin. Seitdem beschränkte sind meine mototouristische Aktivität auf kleinere Wochendtrips ins Umland.

Die R850R ist dann auch später an einem mysteriösen Elektrikfehler gestorben. 15 Jahre und 146000 km immerhin hatte mir mein BMW-Roadster gedient, wir waren zusammen in Italien, Frankreich, England, Schweden, Tschechien, Österreich, Schweden, in der Schweiz, hatten gefühlt alle Straßen und Gassen im Harz,Taunus, Hunsrück, der Eifel unter den Rädern gehabt.

Nach dem Ableben des Boxers sollte daher eine „pragmatische“ Maschine die Funktion des vorwiegend innerstädtischen Transports übernehmen, und schließlich fiel mir im Sommer 2015 für unter zweitausend Euro eine 18 Jahre alte Honda CB500 vor die Füße, 27000 km frisch, unverbastelt und bieder, aber nach und nach mit progressiven Gabelfedern, Stahlflex-Bremsleitungen und einer H&B-Gepäckbrücke aufgewertet – funktional und nichts weiter, wie ja auch ursprünglich gedacht.

Im Winter 2015/16 dann merkte ich, dass die kleine CB doch mehr als nur ein Alltagsvehikel für mich geworden war, und es keimte die Idee, einen mit Freunden schon für 2002 geplanten Trip in die baltischen Länder nachzuholen, zur Not eben auch alleine. Zwar hätte man vor 14 Jahren, als deren EU- und NATO-Mitgliedschaft in weiter Ferne lagen, den postsowjetischen Status Quo noch unvermittelter erleben können. 2016 ist dies unwiderruflich vorbei, wie billige Mieten und spannender Underground in Berlin. Aber – unfinished business has to be finished. Also – allons enfants, und für den

22.06.2016

die Stena-Line-Fähre Travemünde (D) – Liepāja (LV), einfache Hinfahrt. Der optimistische Masterplan: 10 Tage Baltikum, weitere 11 zum Nordkap und retour.